Bahnerlebnis2 min read

Man(n) fährt wieder Bahn – oder muss es, so wie ich. Als ehemaliger Bewohner eines infrastrukturell unterentwickelter ländliches Gebietes im Osten von Österreich zog es auch mich aus existenziellen Gründen in die Hauptstadt. Trotz Domizil in der Wiener Vorstadt bleibt mir das tägliche Pendeln mit der Bahn nicht erspart. Bahnfahren ist ja eigentlich relativ unspannend wenn man zwischen nervigen Schülern, mitteilungsfreudigen Senioren und dem anderen arbeitenden Pendlervolk versucht ein gutes Buch zu lesen. Ab und An passiert aber schon mehr oder weniger spannendere Ereignisse.

So heute passiert. Kurz nach Zonengrenzen beginnt der Schaffner, jetzt Zugbegleiter genannt, seine Fahrkartenkontrolle. Vor Jahren wurde über die gesamte Südbahnstrecke eine Fahrkartenpflicht verhängt. Zuwiderhandlungen werden mit saftigen 60€ bestraft. Der Schaffner kommt zu zwei Mädels, die offensichtlich den Aufenthalt in der Hauptstadt zum ausgiebigen Konsumrausch genutzt haben. Beide sind mit Plastiktaschen von Modegeschäften bewaffnet. Anscheinend hatten sie es eilig gehabt den Zug zu erreichen, denn sie hatten keine Fahrkarte. Geschwind den besten Hundeblick aufgesetzt und zum Schaffner: “Können wir bei Ihnen eine Karte kaufen” – zwinker, zwinker.

Dem Schaffner sieht man kurz an, dass er sich in einem Interessenkonflikt befindet: Gnade vor Recht walten lassen oder der Pflicht nachgehen. Man muss sagen es war ein relativ junger Herr, nicht einer von den pragmatisierten, immer schlecht gelaunten und eine Weinfahne vor sich her tragende Schaffner – die aber auch schon immer weniger werden. Er zückt sein elektronisches Helferlein beginnt die Fahrkarten auszudrucken. Dabei geht seine gesamte Haltung von nasser Sack in Richtung Herkules. Auch auf ein belehrende “Wenn ich eich no amol dawisch…” verzichtet er.

Zwei Meter weiter sitzt ein Junger Herr in Anzug mit Wirtschaftskammermappe. Er kann auf Nachfrage des Schaffner ebenfalls keinen Fahrschein vorweisen. Ohne viel nachzudenken zückt der Schaffner den Erlagschein für die Strafzahlung. Keine Diskussion ob er einen Fahrschein kaufen wolle. Persönliche Daten werden ausgetauscht und die Strafe widerwillig akzeptiert. Dann kann ich es mir nicht verkneifen und frage den Schaffner warum er in 2 identischen Fällen so unterschiedlich handelte und ob er sich eventuell vom Antlitz der jungen Damen beeinflussen lies. Schweigen, dann “hom sie an Fahrschein?”.

Comments

One response to “Bahnerlebnis2 min read

  1. Michael Avatar

    Ich versteh’s auch nicht. Schließlich sind die Tickets im Zug ohnehin teurer, also ein gutes Geschäft, aus dem kaum jemand “aussteigen” wird.

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