Eine tolle betrachtungsweise von Stehkragen, Prollohemden und falscher Männlichkeit aus dem Standard:
+++Pro
Von Markus MittringerWozu sonst sollte ein Kragen bei einem Leiberl auch gut sein? Und: Was sollten italienische Männer, die in der Öffentlichkeit stehen, wohl sonst aufstellen, um ihre Allzeitbereitschaft zu demonstrieren? Erst neulich wieder habe ich die Fähre von Palermo nach Alicudi genommen und durfte miterleben, wie sich ganze acht angestellte Lackeln die dreieinhalb Stunden der Überfahrt um nichts anderes kümmerten, als Polokragen, Haargel und schwarze Windkanalsonnenbrillen zu einer unwiderstehlichen Einheit verschmelzen zu lassen. Besondere Betonung fand dieser Kopfputz durch das Grellgelb der “CREW”-Polos. Natürlich kann man als Mann von so einem Seebären keinerlei Hilfe erwarten, aber wer bitte, der ein bisschen Gemächtsbewusstsein hat, lässt sich schon gerne die Koffer tragen oder den Weg zum Klo weisen. Und ganz wichtig: Wer den Polokragen auf Dauererrektion tuned, der nimmt das mit dem Frauen-und-Kinder-zuerst-Retten ganz ernst: Hilft er einer Schönen aus der Seenot, ist das Kind in Gestalt seiner selbst gleich mitgerettet.
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Contra—
Von Karl Fluch“Steht der Kragen weg vom Polo, gehört es sicher einem Prolo.” Damit ist eigentlich alles gesagt. Einschränken ließe sich der Detonationsradius dieser Diagnose noch auf “Modeprolo”. Denn so vermeintlich schick, cool oder sonst was das aussehen soll – abstehende Polohemdkrägen sind meist an Typen zu sehen, die wirken, als würden sie im deutschen Privatfernsehen eine Frühabendshow moderieren: Modeirrtumsfrisur, kunstbrauner Teint, irgendwo baumelt ein Keyholderschnürl, und die Garderobe ist nie einfärbig, sondern an den dümmsten Stellen bedruckt.
Prinzipiell ist das Polo ein T-Shirt für Spießer. Für Leute, die den Working-Class-Aspekt der Abstammung dieses Teils zu leugnen suchen, weshalb als Zugeständnis an das distinguierte Hemd oben ein Kragen montiert wurde. Da höhere Söhnchen und Töchter sich aber auch nicht ihre Blusen- oder Hemdkrägen aufstellen, ist es auch beim Polo vermessen. Außer man will unbedingt der Geschmacklosigkeit überführt werden. Dafür reicht aber meist schon die restliche Erscheinung. (Der Standard/rondo/07/09/2007)
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